New Phase, New Connections: Unsere Reise entlang der BRI geht weiter

Seit der Gründung des Forschungskonsortiums De:link//Re:link im April 2021 haben sich in (Eur)Asien dramatische politische Veränderungen vollzogen. Dazu gehören die Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan später im selben Jahr und die russische Invasion in der Ukraine im Jahr 2022. Die Erweiterung der BRICS-Gruppe trug zu bedeutenden Verschiebungen in den internationalen Beziehungen bei. Diese Veränderungen haben sich darauf ausgewirkt, wie China seine Gürtel- und Straßeninitiative (Belt and Road Initiative, BRI) sieht, steuert und darüber spricht und wie die Adressaten in den Zielländern die Infrastrukturprojekte sehen und mit ihnen umgehen. Unsere Arbeit in der zweiten Phase wird sich darauf konzentrieren, diese Veränderungen aus der Perspektive der Area Studies im Detail zu untersuchen.

Globale Verschiebungen

In der ersten Phase haben Untersuchungen des Internationalen Zentrums für Konfliktforschung Bonn (BICC) über den Chinesisch-Pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) gezeigt, dass Afghanistan eine „Lücke“ bei der Einrichtung transnationaler Handelskorridore darstellt: Die Verbindung von Zentralasien nach Südasien und von Westasien (Iran) nach China müsste durch das Land verlaufen. Doch Afghanistan ist nach wie vor nicht an die Eisenbahn- und Pipelinenetze der Nachbarländer angeschlossen. China unterstützt das Land nach der Machtübernahme durch die Taliban weiterhin politisch, und angesichts der prekären humanitären und wirtschaftlichen Lage – eingefrorene Währungsreserven, Dürre, keine internationale Anerkennung – dürften chinesische Investitionen in die afghanische Infrastruktur, Produktion und den Rohstoffsektor (Öl, Lithium, Kupfer, Eisen) einen wichtigen Baustein für das wirtschaftliche Überleben der neuen Regierung darstellen. Die Veränderungen vor Ort wird das BICC in den kommenden Monaten und Jahren weiter erforschen.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dazu geführt, dass China seine Bemühungen um den Ausbau des so genannten Mittleren Korridors durch Teile Zentralasiens und den Südkaukasus verstärkt hat. Die Route verbindet Asien und Europa unter Umgehung Russlands. Diese Neuausrichtung geht einher mit der Tatsache, dass sich China zunehmend an Infrastrukturprojekten mit multilateraler Finanzierung beteiligt (ein Thema, das im Podcast “Not just China: Regionale Akteure und die BRI in Pakistan, Georgien und Ungarn“). Valentin Krüssmann, Julia Langbein und Gwendolyn Sasse vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) werden diese Entwicklungen im Auge behalten.

Ostafrika wird auch in der zweiten Phase ein zentraler Bestandteil der Forschung von De:link//Re:link sein. Die Arbeit des Leibniz-Zentrums Moderner Orient (ZMO) zielt darauf ab, die sozialen Auswirkungen der BRI-Projekte in Kenia, Tansania und Uganda zu erfassen. Dabei stehen innenpolitische Debatten um Chinas Aktivitäten und Investitionen im Vordergrund. In diesem Zusammenhang werden die De:link//Re:link-Stipendiaten am ZMO antiwestliche Neuorientierungen sowohl der politischen Elite als auch der lokalen Bevölkerung untersuchen. Die Erweiterung der BRICS zu BRICS+ kommt den Entwicklungen der lokalen Einstellungen gegenüber China einerseits und dem Westen andererseits in erheblichem Maße entgegen. Neben dem afrikanischen Kontinent werden die asiatischen Länder zunehmend als einflussreiche Akteure in Kontexten wie BRICS+ sichtbar. Das De:link//Re:link-Konsortium wird dies aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.

Der “chinesische Traum”

Die BRI-Projekte sind am offensichtlichsten im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und politische Dimension (sichtbar natürlich an Straßen, Eisenbahnen und Häfen). Sie werden aber auch intensiv von Aktivitäten in den Bereichen Kunst und Kultur flankiert, untermauert und begleitet. Einerseits etablieren diese Bestrebungen das Narrativ der Neuen Seidenstraßen als Teil des „Chinesischen Traums“ – insbesondere innerhalb der Volksrepublik -, andererseits sollen sie bestimmte Perspektiven und Verständnisse chinesischer Aktivitäten in Afrika, Asien und Europa durch „Heritage Making“ transportieren.

In der ersten Förderphase untersuchte unser Forschungskonsortium die Wirksamkeit der chinesischen Kulturaußenpolitik (z. B. durch die Einrichtung von Konfuzius-Instituten) in Staaten entlang der BRI. Die politische Sensibilität gegenüber solchen Kulturprojekten ist spürbar. Die Adressaten in den Zielländern hatten dadurch einen Handlungsspielraum, den Peking immer wieder akzeptiert hat. Insgesamt spiegelt der Kunstbetrieb in diesen Ländern aber eine asymmetrische Machtverteilung in den kulturpolitischen Beziehungen zu China wider.

Wie Jamila Adeli in New Silk Road Narratives dargelegt hat, haben Kunstwerke und Ausstellungen die (De-)Konstruktion spezifischer Narrative unterstützt und gleichzeitig die regionale Entwicklung sowohl innerhalb als auch außerhalb Chinas vorangetrieben. Diese Aktivitäten, die so genannte „people-to-people“-Bindungen fördern sollen, sind im Hinblick auf die lokalen Reaktionen auf Chinas Infrastrukturinitiativen noch nicht gründlich erforscht worden.

Auch das Bildungs- und Hochschulwesen ist von Chinas kulturellen Bewegungen betroffen. Südostasien ist ein anschauliches Beispiel für die Verbreitung chinesischer Elemente in Sprache und Kommunikation, bestimmten Literaturgattungen, Comics, Filmproduktionen usw. in südostasiatischen Ländern. Der Sprachkontakt ist in dieser Hinsicht ein aufschlussreicher Indikator. Das komplexe Thema der Sprache und der sprachlichen (De-)Kolonisierung in Ost- und Südostasien bildet einen zentralen Aspekt der Arbeit der HU-Gruppe in der zweiten Phase von De:link//Re:link.

Kommentar verfassen